Ausstellung "P o s t h u m"
Mag. JoHanN S P R E N G E R (✝)
Ausstellungsdauer: 22.4.-10.6.22
Der KÜNSTLER UND START4ART FREUEN SICH AUF EUREN BESUCH UND BITTEN EUCH DIE AKTUELLEN GELTENDEN CORONA-REGELN einzuhalten !
Mag. Johann Sprenger (†)
geboren am 12.12.1940 in Wr. Neustadt,
gestorben am 28.12.2018 in Wien,
war ein österreichischer Künstler, Schmuckerzeuger, Skulptur und Maler
Er besuchte von 1958-1962 die Akademie für angewandte Kunst - Diplom 1962
Studienkollegen waren unter anderem Helmuth Gsöllpointner, Bruno Gironcoli, Peter Skubic, Kodre, Defner.
Förderungspreis der Akademie
Anschliessend Kunststudium bei Prof. Schlossmacher in Mainz, weitere Studien in Basel (CH) und Sakrale Kunst in der BRD.
Seit 1964 war Hans Sprenger freischaffender Künstler.
Seine Arbeitsschwerpunkte waren zunächst Schmuck, Design, Kirchengeräte, Industriedesign, Gold und Silberschmuck. Entwürfe unter anderem für Serge Kirchhofer und Besteck Berndorf.
Es folgen ausgedehnte Reisen nach Türkei, Burma, Kambodscha, Laos, Vietnam und dann später auch lange Aufenthalte in diesen Ländern.
Während dieser Zeit fanden viele Ausstellungen mit Werken Hans Sprengers und Ausstellungsbeteiligungen statt ebenso wurden zahlreiche Publikationen von ihm oder über ihn veröffentlicht.
Ab 1985 wendete sich Hans Sprenger wieder vermehrt der Malerei zu . Es entstanden viele großformatige Bilder in Öl auf Leinwand oder Holz.
In den letzten 2 Lebensjahren von 2016 - Dezember 2018 arbeitete Hans Sprenger in seiner kleinen Atelierwohnung im 6. Wiener Gemeindebezirk, bis kurz vor seinem Ableben, an einer Serie von Ölbildern und Objekten und überarbeitete Bilder aus den Jahren davor.
geboren am 12.12.1940 in Wr. Neustadt,
gestorben am 28.12.2018 in Wien,
war ein österreichischer Künstler, Schmuckerzeuger, Skulptur und Maler
Er besuchte von 1958-1962 die Akademie für angewandte Kunst - Diplom 1962
Studienkollegen waren unter anderem Helmuth Gsöllpointner, Bruno Gironcoli, Peter Skubic, Kodre, Defner.
Förderungspreis der Akademie
Anschliessend Kunststudium bei Prof. Schlossmacher in Mainz, weitere Studien in Basel (CH) und Sakrale Kunst in der BRD.
Seit 1964 war Hans Sprenger freischaffender Künstler.
Seine Arbeitsschwerpunkte waren zunächst Schmuck, Design, Kirchengeräte, Industriedesign, Gold und Silberschmuck. Entwürfe unter anderem für Serge Kirchhofer und Besteck Berndorf.
Es folgen ausgedehnte Reisen nach Türkei, Burma, Kambodscha, Laos, Vietnam und dann später auch lange Aufenthalte in diesen Ländern.
Während dieser Zeit fanden viele Ausstellungen mit Werken Hans Sprengers und Ausstellungsbeteiligungen statt ebenso wurden zahlreiche Publikationen von ihm oder über ihn veröffentlicht.
Ab 1985 wendete sich Hans Sprenger wieder vermehrt der Malerei zu . Es entstanden viele großformatige Bilder in Öl auf Leinwand oder Holz.
In den letzten 2 Lebensjahren von 2016 - Dezember 2018 arbeitete Hans Sprenger in seiner kleinen Atelierwohnung im 6. Wiener Gemeindebezirk, bis kurz vor seinem Ableben, an einer Serie von Ölbildern und Objekten und überarbeitete Bilder aus den Jahren davor.
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DAS ALTERSWERK
BEGEGNUNG MIT HANS SPRENGER
VON
GERHARD GUTENBRUNNER
BEGEGNUNG MIT HANS SPRENGER
VON
GERHARD GUTENBRUNNER
Zitat: Mit dem Altwerden ist es wie mit Auf-einen-Berg-steigen: Je höher man steigt, desto
mehr schwinden die Kräfte - aber umso weiter sieht man. Ingmar Bergman
Begegnung mit Hans Sprenger
Der alte Mann erhob sich mühsam aus einem Sessel im improvisierten Schanigarten des Inders.
Er wirkte dabei unsicher und gebrechlich. Ich erkannte Ihn erst als ich nur mehr ein paar Schritte
entfernt war. Vor mehr als 15 Jahren war ich in diese Gegend gezogen und er ließ sich ab und
zu in den Beiseln der Umgebung blicken. Er war mir aufgefallen. Er hatte eine starke
Ausstrahlung und beeindruckte mich irgendwie. Wir hatten uns trotzdem nie wirklich ernsthaft
unterhalten. Er war mir eher reserviert und zurückhaltend in Erinnerung. Ich wusste zwar, dass
er ein Maler ist, sich sehr gewählt ausdrückte und etwa 20 Jahre älter war als ich, aber mehr
auch schon nicht.
Er griff mit einer Hand nach seinem Stock und hielt sich mit der anderen halb stehend am Sessel
fest. Plötzlich verlor er das Gleichgewicht und kippte zur Seite. Glücklicherweise war ich nur
zwei Schritte entfernt und konnte ihn auffangen bevor er auf den Gehsteig fiel.
Es erschreckte mich, wie leicht er war und wie krank er aussah. Wieder im Sessel sitzend,
bedankt er sich überschwänglich und wollte mich unbedingt auf ein Getränk einladen. Ich war
in Eile und versprach, das bei nächster Gelegenheit nachzuholen.
Seit Kurzem erst hatte ich begonnen, mich mehr für bildende Kunst zu interessieren. Das Essl
Museum in Klosterneuburg hatte ein paar Tage zuvor geschlossen und ich hatte gerade noch
einen Besuch geschafft. In letzter Zeit war so eine Art Stillstand in meinem Leben eingetreten.
Ich hatte eine langjährige Beziehung beendet, mich mehr und mehr zurückgezogen, und mit
vielem Bisherigen abgeschlossen. Eine Art von Vakuum war in mir entstanden. Mit dem
Besuch des Museums aber öffnete sich plötzlich eine spannende Welt für mich, die ich bisher
kaum beachtet hatte.
Bis dato kannte ich nur Maler und Bilder "Die man eben so kennt". Vernissagen waren für mich
nie besonders interessant gewesen. Eine Kunsttherapeutin hatte mich eine Zeit lang für
Wochenendseminare gebucht. Malen und Bewegen für Erwachsene mit besonderen
Bedürfnissen. Das war einige Jahre sehr spannend für mich, zu sehen, wie die von mir
gestalteten Bewegungseinheiten und die Spaziergänge sich auf die Befindlichkeit und das
Malen der Klienten auswirkten. Dabei habe ich auch die Maleinheiten mitgemacht, spannende
Prozesse selbst erlebt, und bei anderen beobachten können. Maltherapie war mir somit näher
als die eigentliche Kunstwelt. Jetzt aber fühlte ich mich angezogen von Bildern, Skulpturen,
Installationen etc. Einige Fachbücher hatte ich im Essl-Museum beim Abverkauf erstanden und
auch begonnen, sie aufmerksam zu lesen. Da freute ich mich natürlich schon auf das Gespräch
mit einem akademischen Maler, bisher hatte ich ja keinen näher kennen gelernt.
Ein paar Tage später war es dann soweit und ich erfuhr mehr...
Mag. Johann Sprenger
wurde am 12.12.1940 in Wr. Neustadt geboren.
Seine Eltern hatten ein Wirtshaus in dem er schon früh mitgearbeitet hatte. Sein Vater war
Werkzeugmacher, seine Mutter Wirtin. Durch seinen Zeichenlehrer und die Vermittlung eines
Freundes schaffte er es schon sehr früh an die Akademie für angewandte Kunst in Wien, wo er
einen Förderpreis erringen konnte und 1962 sein Diplom erhielt. Studienkollegen waren unter
anderem Helmuth Gsöllpointner, Bruno Gironcoli, Peter Skubic, Kodre, Defner u.a. Sein
Arbeitsschwerpunkt war zunächst Schmuck, Design, Kirchengeräte, Gold und Silberschmuck.
Entwürfe machte er unter anderen für Serge Kirchhofer und Berndorf Besteck. Schon in den
60er Jahren begann Hans immer wieder das Fernweh zu plagen und er bereiste - noch ehe der
Tourismus zu boomen begann - ganz Europa, die Türkei, Burma, Kambodscha, Laos, Vietnam
usw. Das zu einer Zeit, als diese Länder noch ziemlich ursprünglich und nicht "vertouristet"
waren. So war er über 30 Jahre immer wieder und oft auch mehrere Monate unterwegs.
Ab 1985 wandte sich Hans Sprenger wieder mehr der Malerei zu, hauptsächlich Großformate,
Öl auf Leinwand.
In Gesprächen wurde mir klar, dass Hans sich von frühester Jugend an der Kunst und dem
Künstlersein verschrieben hatte. Seine Art zu reden, zu schauen und wahrzunehmen, machte
das auch offensichtlich. Es war seine Möglichkeit, aus der dörflichen, kleinen und schlichten
Welt der Nachkriegszeit mit ihrem engen Horizont zu entkommen. So wie er sein Leben geführt
hatte, war es gänzlich durchdrungen von dieser Absicht mit allen Konsequenzen. Er erzählte
mir noch, dass er dringend alle seine Ölbilder verkaufen wolle, und bat mich dafür um Hilfe.
Ein Journalist den wir beide kannten und der öfter Künstlern behilflich war, hatte ihm bereits
eine Website improvisiert, wo die Bilder zu sehen waren, aber leider ohne nennenswertes
Ergebnis.
Da ich im Gespräch auch die Bücher erwähnte die ich im Essl-Museum gekauft hatte, wollte er
sie gerne ausborgen, und so versprach ich, sie zum nächsten Treffen mitzunehmen.
Die Unterhaltung hatte mich sehr bewegt, einerseits weil klar wurde in welch prekärer Situation
der alte Maler in jeder Hinsicht war und andererseits, weil er als Mensch einfach inspirierend
und außergewöhnlich wirkte.
Eigentlich sah ich kaum eine Möglichkeit ihm zu helfen, da meine persönliche Lebenssituation
auch nicht gerade rosig war. Ich war mir keiner Kontakte oder Informationen bewusst, die ihm
hätten dienlich sein können.
Totgesagte leben länger
Nach ein paar Tagen, in denen ich Hans weder telefonisch erreichte noch im indischen Lokal
antraf, deponierte ich die versprochenen Bücher beim Inder, wo er Stammkunde war, damit er
sie beim nächsten Besuch anschauen könne.
So vergingen ein paar Wochen ohne Kontakt, nur die Bücher hatte er in der Zwischenzeit
mitgenommen. Ich befragte den Inder und den befreundeten Journalisten, der ebenfalls schon
besorgt war, aber es gab nur ein vages Gerücht, dass er ins Spital eingeliefert worden sei.
In der Zwischenzeit hatte ich versucht, etwas über das bisherige Schaffen von Hans Sprenger
zu erfahren. Es war da aber nichts zu finden, weder im Internet, noch anderswo. Ich hatte auch
ein befreundetes Pärchen kontaktiert, das sehr an bildender Kunst interessiert war. Die Beiden
hatten sich sogar sehr interessiert und kooperativ gezeigt und ihre Hilfe angeboten. Hans blieb
aber verschollen.
Als ich wieder einmal beim Inder nachfragte, weil Hans mir nicht aus dem Kopf ging,
informierte mich dieser, das Hans verstorben sei. Ich war natürlich sehr erschüttert. Irgendwie
hatte ich mir schon ausgemalt, wie ich dem alten Künstler bei der Umsetzung seiner Absichten
helfen, ihn zumindest etwas beistehen und unterstützen könnte. Natürlich wollte ich auch etwas
mehr über das Malen, die Kunst und den Künstler erfahren. Nun war die Chance also dahin, für
Hans und für mich. Ich informierte den befreundeten Journalisten, das "kunstaffine Pärchen",
die gerne die Bilder angesehen hätten und andere aus dem Grätzl, die ihn kannten. Alle waren
sehr betroffen.
Ich weiß nicht mehr genau wie viel Zeit vergangen war, ich schätze so 6- 8 Wochen, als ich in
ein nahe gelegenes Beisel eintrat, um Kaffee zu trinken. Da saß Hans Sprenger an einem Tisch
und grüßte freundlich! Es ist nicht einfach die richtigen Worte zu finden in so einer Situation."
Ich dachte du bist tot?" oder "Na fein du lebst noch!" wäre wohl nicht gut angekommen. Ich
begrüßte ihn aber überschwänglich und freute mich sehr. Er wollte nicht so gerne über seine
Krankheiten sprechen und ich bohrte nicht nach. Eindringlich, fast flehentlich bat er mich ihm
beim Verkauf seiner Bilder zu helfen, die er nun sogar nur um den Materialpreis hergeben
wollte. Zu lange und vergeblich hatte er schon versucht, einen vernünftigen Preis zu bekommen.
Es war klar wie dringend er Geld brauchte. Ich versprach, ihm zu helfen.
Wir verabredeten uns gleich für den nächsten Tag bei ihm zu Hause. Was den Inder anbelangt,
der mir von seinem angeblichen Ableben erzählte, so möchte ich gerne Hans zitieren: "Der
Sohn (ein damals 15-jähriger Knabe) ist ein intelligenter Bursche, aber der Vater ist ein Trottel".
Die kleine Wohnung
war im Dachgeschoss eines alten Gemeindebaus, letzte Tür. Kreatives Chaos trifft es wohl am
besten, will man höflich sein. Unverkennbar das spartanische Heim eines Malers. Kaum 40
Quadratmeter. An den fast kahlen Wänden waren stellenweise wilde ölfarbene Kompositionen
direkt aufgemalt. Alles minimalistisch. Vorzimmer, WC, Küche, Bad. Das Wohnschlafzimmer
zugleich Atelier und Lager für jede Menge Ölbilder. Das Bett, ein selbstgebautes
Holzkunstwerk nach eigenem Entwurf, dominierte. Eine altwiener Küchenbank, schwarz
bemalt, die als improvisierte Staffelei diente. Es roch intensiv nach Farbe und Zigaretten. Das
kleine Tischchen am Bett war überfüllt mit Medikamenten und wie zum Hohn, mit
überquellenden Aschenbechern. Noch als Draufgabe eine monströse Sauerstoffflasche am Fuße
des Bettes. Er wurde von Heimhilfen und anderen mobilen, sozialen Einrichtungen betreut. Er
war leider kaum noch gehfähig und hatte fast keine Kontakte mehr. An der Wand über dem
Bett, ein paar aufgemalte Namen mit Telefonnummern.
Es war das ungeschminkte Prekariat.
Nicht wahrgenommene Kunst
Ich musste an all die Künstler denken von denen ich gehört oder gelesen hatte, dass sie verarmt
und einsam gestorben wären. Ich überlegte, wie viele Künstler, Maler, Dichter, Musiker usw.
es wohl gab, von denen wir nie etwas erfahren haben, weder was sie gemalt, komponiert,
gedichtet hatten, noch wie sie gelebt haben und gestorben sind. Wie viele absolvieren die
Kunsthochschulen und wie viele davon bleiben Künstler? Wie viele Künstler sind - ob offiziell
ausgebildet oder autodidaktisch - unbekannt, ungesehen und ungehört geblieben? Wie viele
Werke schaffen es nie in die Öffentlichkeit? Wie viele Kunstwerke bzw. wie viel Kunst und
Kreativität ist wohl unerkannt und ungesehen, ungewürdigt auf den Müllhalden dieser Welt
verbrannt oder verrottet?
Freundschaft - Sich um einen alten Menschen kümmern
Wir hatten sehr gute Gespräche und unsere Freundschaft begann zu wachsen. Er hatte einige
Bedürfnisse und Wünsche, wo ihm weder der zuvorkommende Hausarzt noch die stets
bemühten Heimhilfen helfen konnten. Manches war aus Zeit und Geldmangel nicht möglich.
Es waren oft banale Dinge wie eine besondere Sorte Salami, Zigaretten, ein Fußpflegetermin
mit Hausbesuch, Beschwerden bzw. Nachbesserungen bzgl. der Betreuungseinrichtungen und
Apotheken. Er wollte eben, was wir alle wollen. Aufmerksamkeit, Zuwendung und jemanden,
der sich für unsere persönlichen Belange wirklich interessiert und einsetzt.
Fast täglich kam ein Anruf, meisten mit der Bitte: "Geh wonst Zeit hast a Zeitung und a Packl
Tschik". Eigentlich sollte er nicht mehr rauchen. Natürlich! Er hatte COPD, aber selbst wenn
ich ihm keine Zigaretten gab, fand er Mittel und Wege. Jede Art von Bevormundung war ihm
zuwider und er konnte sehr stur und kratzbürstig sein. Ich will das aber hier gar nicht vertiefen.
Es war jedenfalls nicht immer einfach.
Sehr oft und sehr ausführlich unterhielten wir uns natürlich über Kunst und das "Künstlersein".
Er hatte immer Probleme mit dem Kunstmarkt und war nicht besonders geschickt gewesen im
Umgang mit Galeristen oder unterstützenden Netzwerken. Oft sind es ja auch nicht die
Begabtesten und Inspiriertesten, die es ganz nach oben schaffen, sondern ganz Schlaue, mit
guten Kontakten oder einem geduldigen Manager.
Nachdem das Vertrauen zwischen uns gewachsen war, erzählte er mir auch mehr Persönliches
aus seinem Leben und wie er in diese prekäre Lage geraten war.
Ein turbulentes, unstetes Leben gefiel dem Hans Sprenger. Hatte er mal wieder ein bisschen
Geld beisammen, begab er sich auf Reisen. Seine vielseitigen handwerklichen Fähigkeiten
waren gefragt und es war leicht für ihn, zur damaligen Zeit lukrative Beschäftigungen zu finden.
Sein Alkoholkonsum wurde leider immer wieder zum Problem. Die Künstlerkarriere litt
natürlich darunter. Er machte insgesamt 3 stationäre Entzüge. Stabiler wurde sein Leben erst,
als er, schon in den Vierzigern, eine passende Partnerin fand.
Renate
Die erfolgreiche Ärztin Renate Ramharter wurde zu seiner geschätzten Gefährtin.
Die Zeit mit Ihr bezeichnete er als die schönste seines Lebens. Er war trocken und sie gab ihm
Rückhalt und Sicherheit. Sie machten viele spannende Reisen zusammen. Er war nicht
angewiesen ständig Kunst zu produzieren oder zu verkaufen. Mehr als 20 Jahre lang. Die
Ölbilder aus den 80er Jahren spiegeln diese Zeit und sind zum Teil noch vorhanden.
...und plötzlich ist nichts mehr, wie es vorher war
Seine Lebensgefährtin stand kurz vor der Pension. Das neu gebaute Haus in Bad Fischau war
fast fertig, als sie aus heiterem Himmel schwer erkrankte. Fast zeitgleich hatte Hans einen
schweren Unfall. Eine Schulter war zertrümmert und er wurde insgesamt 3mal operiert. Er fing
sich einen Spitalskeim ein und außerdem waren Leber, Lunge und Bauchspeicheldrüse schon
schwer angegriffen. Seine Lebensgefährtin Renate verstarb, ohne dass sie sich noch einmal
sehen konnten. Zu ihrer Familie hatte er - vorsichtig formuliert- kein gutes Verhältnis.
Er war nun völlig auf sich alleine gestellt. Er verlor jeden Lebensmut und hörte aus
Verzweiflung und Sturheit auf zu sprechen. Er kooperierte nicht mit dem Spitalsbetrieb. Die
Konsequenzen darauf folgten. Er wurde besachwaltet, als dement eingestuft und in ein
Pflegeheim abgeschoben. Sein Leben wurde zu einem Alptraum. Er bezeichnete es als sein
persönliches "Guantanamo". In einigen seiner Bilder ist das spürbar. Eine aufmerksame Ärztin
erkannte, dass Hans durchaus zurechnungsfähig, aber schwer traumatisiert war. Sie setzte sich
sehr für ihn ein, so dass er zumindest in seine kleine Wohnung zurückkehren konnte, die kurz
vor der Zwangsräumung stand. Nun versuchte er gerade, zu einem selbst bestimmten Leben in
Würde zurückzufinden.
Hoffnung und Perspektive
Es war spannend Hans näher kennenzulernen, seine Bilder anzuschauen und Gedanken
auszutauschen. Es gelang mir schließlich, das "Kunstaffine Pärchen" für die Bilder zu
begeistern, und wir dachten auch gemeinsam mit Ihnen erstmals über eine Ausstellung nach.
Hans wollte ja nur noch den Materialpreis für seine Ölbilder. Er wollte sie einfach dringend
loswerden. Er überließ mir einige Bilder, die er als seine Besten bezeichnete und weigerte sich
strikt Geld von mir zu nehmen. Das Pärchen kaufte Bilder also zum geschätzten Materialpreis.
Leider immer nur ein paar Bilder pro Monat und es zog sich in die Länge. Weil das gegen die
Vereinbarung war, die Hans mit ihnen getroffen hatte, kam es zu Unstimmigkeiten, was ich
sehr bedauerte. Sie zogen sich zurück. Sie hatten aber durch den Kauf einiger Bilder Hans
zumindest ein Budget für weitere Arbeiten möglich gemacht. Hans war nicht besonders mit
Geduld gesegnet und neigte auch zum Überreagieren. So wollte er auch die improvisierte
Website des "Befreundeten Journalisten" stillgelegt haben, weil dieser durch den Tod seiner
Mutter und ein aufwendiges Filmprojekt kaum mehr Zeit für ihn hatte. Zumindest hatte er jetzt
"Spielgeld" und damit jede Menge neue Ideen, in die er investieren wollte. Er lebte spürbar auf.
Neue Medikamente oder grantige Heimhilfen waren plötzlich weniger wichtig.
Edelhölzer und Schneekugeln
In den Untiefen seines Chaos befanden sich einige Edelholzer die er und seine Lebensgefährtin
in Asien einst als Geschenk erhalten hatten. Etwa so lang wie ein Unterarm und 8x8cm
Grundfläche. Er hatte schon ein paarmal versucht sie zu verkaufen aber erfolglos. Er wollte sie
begradigt, geschliffen und mit Leinöl eingelassen haben. Sie sollten oben ein Loch haben und
als Podest für etwas dienen, was er mir noch nicht verraten wollte. So begann eine Odyssee die
mich in Bastlergeschäfte, Tischlerwerkstätten und sogar Schlossereien führte. Vor allem das
Eisenholzstück war eine mühsame Angelegenheit.
Ich bin handwerklich völlig unbegabt und musste immer erst jemand finden, der die Vorschläge
von Hans umsetzte. Als es gelungen war, wollte er zur Firma Perzy, die noch immer original
Wiener Schneekugeln produziert. Er mochte diese Kugeln und hatte einige Zeit in der Nähe des
Traditionsbetriebs gelebt und gearbeitet. Dort suchte er sich die kitschigsten Kugeln aus, in
denen Stephansdom und Schönbrunn beschneid wurden, und ließ sie auf seine Edelholzpodeste
montieren. Als die erste Serie fertig war, gab er Schneekugeln nach eigenen Entwürfen in
Auftrag und ich war verwundert, dass das möglich war. Da der erste Ausflug zu Perzy so
anstrengend für ihn gewesen war, dass ich schon befürchtete er würde einen Herzinfarkt
erleiden, musste ich seine Entwürfe alleine hinbringen. Im Geschäft sind hauptsächlich die
jungen, hübschen Töchter von Hr. Perzy beschäftigt und ich musste Schneekugeln mit
unterschiedlichen Phallussymbolen bestellen. Das wird mir ewig in Erinnerung bleiben und hat
bewiesen, dass ein fast sechzigjähriger Mann noch schüchtern erröten kann.
Das Eisenholz, das Gehirn und Isabella
Es gab unzählige Telefonate und Rennereien bis die Objekte alle fertig waren und zusammen
hatten sie eine unglaublich erheiternde und zugleich befremdliche Wirkung. Das
Eisenholzpodest war noch leer und sollte von einem Gehirn gekrönt werden. Das Gehirn war
vor vielen Jahren mal ein echtes gewesen. In Spiritus (oder so) eingelegt, war es bei einer feucht
fröhlichen Runde mit Ärzten in den Besitz von Hans gelangt und der hatte einen Wachsabdruck
davon gemacht, der sehr echt wirkte.
Dieses Objekt wollte er in Bronze gegossen und auf das Eisenholz montiert haben. Wieder
suchte ich nach seinen Angaben die Gießereien mit denen er früher mal zu tun hatte, fragte nach
Personen die er dort gekannt hatte usw. Die Firmen gab es teilweise noch, die Personen waren
in Pension oder verstorben. Die Preise waren für sein Budget zu hoch. Da fiel mir ein, dass ich
vor einiger Zeit auf einer Gartenparty eine sehr sympathische Restauratorin kennen gelernt
hatte, die sich in diesen Bereichen offenbar gut auskannte. Ich rief sie an. Das war in jeder
Hinsicht eine goldene Idee. Isabella hatte ein goldenes Herz, war so wie ich dem Buddhismus
zugetan, und passte zu uns, wie ein fehlendes Puzzleteilchen. Sie hatte lange Jahre ihren Vater
gepflegt, der das gleiche Krankheitsbild wie Hans hatte, und sich auch noch um einen Nachbarn
gekümmert, dem es ähnlich ergangen war. Sie verstand gleich beim ersten Besuch die gesamte
Situation und bot spontan ihre Hilfe an. Die Chemie zwischen ihr und Hans stimmte sofort, und
sie konnte viel mehr Geduld für ihn aufbringen als ich zuweilen. Sie arbeitete sehr viel, konnte
nicht so oft da sein wie ich, aber wenn es darauf ankam, konnte man immer auf sie zählen.
Besonders für die ganzen medizinischen Belange, Umgang mit Ärzten, Spitälern,
Pflegeeinrichtungen, Gericht usw. wurde sie unentbehrlich. Ich hätte niemals solange
durchgehalten, hätte Isabella nicht immer wieder auch unterstützt oder vermittelt.
Gemeinsam beschlossen Hans und Isabella die Vergoldung des Gehirns, anstatt eines
Bronzegusses. Sie machte das in ihrer kargen Freizeit. Sie war auch die erste fachkundige
Person, die mir die besondere Qualität der Arbeiten von Hans bestätigte. Für die viele Hilfe,
die sie leistete, wollte sie nur ein Bild von Hans annehmen.
Weitere Werke
Als die hölzernen Souvenire mit Schneekugeln, Gehirn und Phallussymbolen fertig waren,
erlebte ich das als ein Ich -war -dabei-Ereignis, spürte wie befriedigend und erfüllend es sein
kann, schöpferisch zu arbeiten. Es hatte viel Zeit, Aufmerksamkeit und Rennereien gebraucht,
aber als die Objekte so vollendet aneinander gereiht dastanden, war es ein wundervolles Gefühl.
Hans erholte sich und begann auch wieder zu malen. Er überarbeitete ein Ölbild, dass ich als
besonders bedrückend empfand. Die düsteren, bedrohlichen Elemente übermalte er mit einer
frischen jungen Pflanze.
Es war klar, dass da ein neuer Prozess eingesetzt hatte. Sein wieder auflebender Schaffensdrang
wurde aber doch immer wieder von gesundheitlichen Rückschlägen gebremst. Natürlich ging
es dann hauptsächlich darum. Neue Medikamente, Fachärzte, Therapien usw. Isabella und ich
waren oft sehr damit beansprucht, zeitweise überfordert und Hans ein eigenwilliger,
schwieriger Patient.
Auch sein Kampf um die Aufhebung der Sachwalterschaft kostete viel an Zeit, Geduld und
Energie. Wenn er wieder eine leere Leinwand wollte und es auch gerade leistbar war, kehrte
wieder etwas Ruhe ein und ich konnte erneut beobachten und miterleben, wie ein neues Werk
entstand. Zwischendurch, wenn er zu lange alleine war oder ungeduldig, kam es auch zu mehr
oder weniger langen Spitalsaufenthalten. Die Möglichkeit künstlerisch zu arbeiten, hatte aber
definitiv eine gesunde belebende Wirkung auf ihn. Er war weniger depressiv oder nihilistisch.
Weitere Bilder entstanden und es war inspirierend und faszinierend dies mitzuerleben.
Zuweilen blieb ein Bild tage- oder wochenlang von ihm unberührt, bis er es plötzlich in einem
Kraftakt vollendete.
Zwischendurch verlor er manchmal das Interesse, übermalte alles wieder und fing neu an. Öfter
mal musste ich ihm ein kurzes Brett auf eine Leinwand schrauben, dann begann er den, durch
das Ausmisten seiner Wohnung entstandenen Abfall, in seine Bilder einzufügen oder platzierte
Erinnerungsstücke in ein Bild. Fallweise malte er gegenständlich, dann wieder abstrakt oder
beides. Wiederholte er sich oder setzte sich zu lange auf eine Idee, verbot er sich das. Es kam
vor, dass ein Bild geradezu perfekt war, dann meinte er: "Jetzt müsste man es eigentlich
verbrennen".
Immer wieder kam es vor, dass er weitermachte, obwohl das Bild schon fertig war. Das fiel mir
einige Male auf und ich sprach es auch an. Das gab er auch zu, und wir ärgerten uns gemeinsam.
Von Ihm beeinflusst hatte ich sogar selber angefangen zu malen und Objekte zu basteln. Ich
hatte und habe immer noch große Freude dabei. Ich zeigte ihm einiges und wir sprachen
darüber. Irgendwann sagte er schmunzelnd "Ja, jetzt bist a dabei". Über sein Lob freute ich
mich natürlich. Was ich von ihm gelernt habe, bzw. was er bestätigte und sich wunderte, dass
ich es auch so sehen konnte war: Der schöpferische Prozess von der Idee bis zum Abschluss
eines Werkes, ist der eigentliche Gewinn und die Essenz des künstlerischen Schaffens. Das,
was dabei mit uns und in uns passiert, ist essenziell. Ob es gut oder schlecht ist, gefällt oder
gekauft wird bzw. "ankommt" ist nicht wesentlich. Es gibt da einen Bezug zur Achtsamkeit,
wie er etwa im Zen- Buddhismus gelehrt wird, der mich fasziniert. Hans hätte sich selbst nie
als spirituell bezeichnet, trotzdem fand ich das in Ihm und in mancher Hinsicht erinnerte er
mich an einen alten Zen Meister.
Der Galerist
Ich erinnerte mich an einen Galeristen in der Zollergasse und suchte den Begründer und
Betreiber Manfred Hoschek auf, um seinen Rat einzuholen.
Der Inhaber vom Kunst- & Kulturverein start4art betreibt seit 1994 die Galerie
JungeKunstWerkStart (seit 1999, nach einem Umbau, St. Art - Galerie & Café-Bar) im 7.
Bezirk. Seit 2014 auch eine 2.Galerie vis a vis vom St. Art - den Kunstraum Damani.
Manfred hat in fast 30 Jahren viel Erfahrung gesammelt im Umgang mit schwierigen,
exzentrischen Künstlern. Wir vereinbarten einen Termin bei Hans im Wohnatelier.
Manfred Hoschek, mit seinen Partnern Manfred Poor und Daniela Hoschek, wollten Hans
kennen lernen, und seine Werke begutachten. Nach einem sehr langen Gespräch wurden Termin
und Rahmenbedingungen für eine Vernissage festgelegt. Manfred musste Hans auch von der
Notwendigkeit überzeugen, bei der Vernissage persönlich anwesend zu sein (wovon er sich
lange, aber erfolglos zu drücken versuchte). Sein Angebot aber gab Hans, Isabella und mir
Unterstützung und Ermutigung. Ein Lichtblick.
Strausseneier, Metall und Birnenholz...
Nun war schon Vieles gelungen. Hans freute sich auch über die Möglichkeit einer Ausstellung.
Er arbeitete auch an neuen Entwürfen. Er wollte nach den Schneekugeln nun Objekte mit
Straußeneiern machen. Er wollte das Fragile kombinieren mit groben, hölzernen Strukturen
bzw. mit Eisen, und anderen Metallen. Es gelang mir leider nicht jemanden zu finden, der die
entsprechenden Fähigkeiten hatte und auch die Bereitschaft mit Hans zusammen zu arbeiten.
Nach vielen erfolglosen Versuchen, blieben nur die "Zwillinge auf Birnenbaum". Er resignierte
schließlich, ließ es dabei bewenden. Das Ei, werdendes Leben umschließend, in einer Form
ohne Anfang und Ende, in Bezug gesetzt zu grobem, hartem Material erschien mir irgendwie
bezeichnend für seine Situation. Nach vielen erfolglosen Versuchen konnten wir leider nur die
"Zwillinge auf Birnenbaum" fertig stellen.
Abschied
Ich organisierte eine Physiotherapeutin, kaufte einen Rollstuhl, schlug ihm Ausflüge vor, aber
er wollte und konnte sich immer weniger zu etwas aufraffen. Meine Versuche ihn zu
mobilisieren und in Form zu halten scheiterten. Es ging gesundheitlich immer mehr bergab mit
ihm. Er stürzte immer wieder. Alleine zu bleiben wurde trotz der häuslichen Betreuung immer
riskanter.
Schließlich ließ es sich nicht länger vermeiden und Isabella organisiert ihm einen guten Platz
in einem Pflegeheim am Stadtrand. Ich besuchte ihn öfter mal, aber er hatte schon mit Allem
abgeschlossen, wirkte abwesend und durchsichtig.
Das Sachwalterschaftsgesetz hatte sich geändert und Isabella sollte auf seinen Wunsch hin die
Vormundschaft übernehmen. Die Ausstellung rückte näher, aber es sollte wohl nicht mehr sein.
Kurz nach Weihnachten ist er friedlich im 78. Lebensjahr eingeschlafen.
Das Begräbnis fand erst am 4.2.2019 am Zentralfriedhof statt.
Der Galerist Manfred Hoschek und ich begleiteten Hans auf seinem letzten Weg. Sein Grab
befindet sich gleich neben dem von Helmut Leherbauer (Leherb) und Lotte Profohs, ehemalige
berühmte Künstlerkollegen von Hans.
Danke
Es war eine herausfordernde und spannende Zeit mit dir, Hans Sprenger. Ich werde dich nie
vergessen, und immer dankbar dafür sein, was ich von dir lernen konnte.
Gerhard Gutenbrunner