Literarischer Adventkalender von Susanna Haunold
Heuropa !!
oder: Heureka, Europa ist da ! 'Endlich haben wir es geschafft: Europa kann uns gerne haben.'So dachten wohl die Briten und planen diesen Verein demnächst zu verlassen. Ganz anders als wir Österreicher: Wir sind sogar beigetreten, obwohl die Zuneigung der EU unserer bescheidenen Heimat gegenüber nicht besonders ausgeprägt war. Nun, der Optimismus hat sich gelohnt, was sich schon an unserer kontinentalen Zugehörigkeit ablesen lässt: Wenn etwa ein Österreichischer Bürger vor dem Jahr 1993 in die USA gefahren ist, wird er - natürlich nur, wenn er Lust dazu hatte - mit den dort Einheimischen Gespräche geführt haben. Was hat also dieser Ignorant leichtfertig auf eine bedeutsame Frage geantwortet: 'Wo ich herkomme? Na,ich bin Europäer!' Erst einige Monate später wird er mit Entsetzen festgestellt haben, dass er schamlos übertrieben hatte; denn Europa hatte zu diesem Zeitpunkt erst gemütlich darüber nachgedacht, ob Österreich wirklich zu ihrem elitären Klub gehören sollte. Die Verantwortlichen in selbigem Land waren jedoch so glühende Verehrer, dass sie mit ihrer diesbezüglichen Werbekampagne den ganzen Kontinent quasi nur für Vereinsmitglieder reklamierten.('Wir sind Europa') Wie es sich für echte Fans gehört, ging man davon aus, dass alles wunderbar werden würde! Der anstößige Begriff 'Nachteil' wurde tunlichst vermieden, ebenso wie Überlegungen, was den etwaigen Austritt eines Landes beträfe. Wer schon einmal einen Businessplan oder etwas ähnliches erstellen musste, um zum Beispiel einen Kredit zu bekommen, hat gelernt, dass man sich vor der Verwirklichung eines Projektes ein paar Gedanken machen sollte: Welche Ressourcen habe ich zur Verfügung? Mit welchen Ausgaben/Einnahmen ist zu rechnen? Wo soll das Unternehmen in fünf Jahren stehen? Nicht so im Falle der EU! Wenn man Fragen in dieser Richtung stellte, bekam man von den Verantwortlichen strahlend immer nur die Variation einer einzigen Antwort zu hören:' ZUERST NEHMEN WIR DAS BETREFFENDE LAND AUF, DANN WERDEN WIR UNS DARUM KÜMMERN' Wer darauf mit einer negativen Replik reagieren möchte, so einer Mischung aus Entsetzen und harscher Kritik an dieser vermeintlichen Verantwortungslosigkeit, dem sei eines entgegnet: Tja, diese Person ist offenbar nicht reif für Europa!!! DENN: es handelt sich in erster Linie um einen ideellen Zusammenschluss. Das bedeutet: nur die Liebe zählt! Während man sich bei winzigen Unterschieden was Nebensächlichkeiten wie etwa Umweltschutz, Gesetze, Bruttosozialprodukt, Landesverteidigung u.ä. betrifft, schon irgendwie zusammenwurschteln würde... Kleinliche Geister könnten jetzt versuchen mittels eines Beispiels die Problematik aufzuzeigen: Zwei Menschen treffen sich, haben sich auf Anhieb gern und nehmen das nächste Flugzeug nach Las Vegas. Nach einer irgendwie doch romantischen Hochzeit, machen sie sich verliebt und begeistert auf den Rückweg in ihr neues gemeinsames Leben. Am heimischen Flughafen stellt man dann betrübt fest, dass jeder der beiden eine etwas andere Definition dafür im Kopf hat: der eine möchte mit mindestens 5 Kindern naturverbunden als Selbstversorger auf einem Bauernhof leben, der andere in trauter Zweisamkeit in einem Loft; die betreffende Großstadt wäre verhandelbar, da ohnehin etwa 25 Stunden Arbeiten für die Karriere in einer monetär-lastigen Branche geplant sind. Tja, was nun?! Die beiden wichtigsten Gegenargumente: 1.) In der EU hat man es nicht mit so extrem unterschiedlichen Interessen zu tun, daher wäre die Angelegenheit recht einfach zu erledigen: man einigt sich auf 3 Kinder, davon einmal Zwillinge, was den Aufbau einer größeren Familie sehr verkürzen würde; oder der stressige Job wird spätestens mit 40 bzw. nach dem dritten Herzinfarkt zugunsten eines gesünderen Lebensstil aufgegeben werden müssen - und schon hat man einen Kompromiss gefunden! 2.) Bei einem Paar handelt es sich im Normalfall um zwei Personen, also steckt man in einer permanenten Patt-Situation. Was die EU betrifft, so erlauben die Millionen Einwohner und doch ansatzweise demokratische Strömungen ganz einfach eine Entscheidung zugunsten der Mehrheit ... Nun, knapp 25 Jahre später könnte man sich einen kleinen Rückblick erlauben; oder eigentlich die Bilanz - es gab von Anfang an nur Vorteile! Man erinnere sich: Als erste Maßnahme in der Riege der Verbesserungen muss ohne Zögern das Sinken einiger Lebensmittelpreise erwähnt werden; z.B. von Schlagobers .. äh .. Schlagsahne ... äh ... Schlag nach, welche Ausdrücke offiziell beibehalten werden durften! Schließlich muss in einem Land voller Übergewichtiger die Beschaffung eines ihrer Hauptnahrungsmittel gewährleistet, ja sogar erleichtert werden. Vor allem, da wir im Bereich Mehlspeisen ohnehin schon längst international unterwandert waren: man rufe sich hierzu diverse Köstlichkeiten ins Gedächtnis wie 'Omelettes' (franz.) oder auch 'Mokkatorte' (ital.) sowie 'Christstollen' (selbst Atheisten wissen, dass Jesus kein Österreicher war) ganz zu schweigen von 'Tante Annas Torte' (Tantchens Herkunft konnte noch immer nicht restlos ermittelt werden!). Alle diese Rezepte prangen ganz schön frech und ganz schön lange auf den Seiten eines 'Österreichischen Kochbuchs'! Aber auch für die kulinarisch nicht so exzellent ausgebildeten Personen wurde rührend gesorgt! In den Supermärkten hat eine Kennzeichnung durch Sternenkreise darauf hingewiesen, was mit der Zustimmung zum Beitritt angerichtet wurde. Pardon - natürlich sollte der vorhergehende Satz lauten: Produkte, mit deren Hilfe das Anrichten von Speisen ab sofort wesentlich preiswerter erfolgen konnte! Leider hatte man keine Chance das Design für jene Produkte zu würdigen, die einer Verteuerung anheim fielen - doch eigentlich gab es die gar nicht! Ein Beispiel gefällig? Reis, der 'pur' teurer wurde, ist in Verbindung mit Milch billiger geworden. Wer nicht kapierte, dass das Einzelkämpfertum endgültig der Vergangenheit angehörte, der war - sprechen wir es offen aus: - wirklich noch nicht reif für Europa. Ein - ehrlich gesagt weit überschätztes - Problem stellte natürlich die euro-interne Kommunikation dar; diese hätte man relativ parallel zu der Vereinheitlichung der Währung erleichtern können, sofern man bei ECU geblieben wäre. Auch hier soll wiederum ein Beispiel zur Illustration dienen: Schauplatz: EU (Ein vermummter Fremder nähert sich einem Spaziergänger:) "ECU oder WEU!!!" (Der Spaziergänger erblickt die Waffe, zückt die Börse und seufzt:) "UE !" [sprich: Uoiii ] Man kann es deutlich erkennen: egal, was vorher versprochen wurde - vieles hat man nicht realisiert, sodass man nicht einmal so hübsche Wortspiele erschaffen kann! Doch um fair zu sein: der Austritt mancher Länder enthält viel kreatives Potential, was die Abkürzung der Namen des betreffenden Landes in Kombination mit 'exit' betrifft .. Irgendwie bietet auch die Tatsache keinen rechten Trost, dass die Personen, die sich in Schengen den Kopf zerbrochen haben, davon ausgegangen sind, dass sich innerhalb dieser Grenzen offenbar nur moralisch einwandfreie Menschen ohne jegliche kriminelle Energie aufhalten. Sind Bürger nach dem Austritt ihres Landes quasi entzaubert und gelten plötzlich wieder als 'ausländisches Gesindel'? Offensichtlich ein Paradoxon, denn dann müssen wir ja froh sein, sie los geworden zu sein! Aber offenbar ist das Konzept 'EU' doch noch so gefragt, dass einige Länder trotzdem beitreten wollen. Je nachdem, um wen es sich dabei handelt, wird deren Bestreben nicht ganz so EUphorisch beobachtet, das ist auch legitim für eine so wunderbare und elitäre Vereinigung! Schließlich steht die griechische Vorsilbe 'eu' per se für etwas Gutes, wie etwa in .. äh .. 'EUthanasie' - ooops! Na, vielleicht ist der Begriff für diese Situation doch passender, als es auf den ersten Blick scheint; schließlich wird es entweder für die Aussteiger oder die Loyalisten vermutlich genau so ein Ende nehmen; mal sehen, wer sich zuletzt frEUt ...! |