Literarischer Adventkalender von Susanna Haunold
Kein Wunder... (Couplet 3.0)
Der moderne Mensch hat meistens äußerst viel zu tun, die Pflichten des Alltags lassen ihn kaum ruh'n; Job, Familie, Auto,Wohnung, kochen, aufräumen, einkaufen, dann gibt es endlich die Chance zu verschnaufen. Neuerdings hat jedoch - was fast niemanden erheitert - sich dieses Repertoire ganz erheblich erweitert. Will man sich im Internet die Freizeit vertreiben, wird der Unterhaltungsaspekt nicht der einzige bleiben, denn im Posteingang da lauern durchaus wichtige Anliegen (- wie konnte diese NGO meine Daten rauskriegen? - ) Die virtuelle Stimme bei Missständen erheben. Zu wirklich jedem Thema meinen Senf dazu geben. Petitionen unterschreiben, mit Gleichgesinnten chatten, und so nebenbei das Universum noch retten Zwar hat mein Leben nun wirklich erst Sinn - doch kein Wunder, dass ich überfordert bin. Wenn überall man den Umweltschutz beschwört, ist das nicht so einfach, wie es sich anhört. Solange Kohle & Co die Stromgewinnung dominieren, werden e-Versionen zum Erfolg nicht führen. Man kann noch so sehr mit Papier und Toner geizen, die Ökobilanz geizt auch mit ihren Reizen. Biodiesel im Tank - na, das klingt doch echt nett, Getreide auf dem Teller mehr Mehrwert hätt'. Will man alles per 'second hand' erledigen, wird man die regionale Kaufkraft schädigen. Plant man aus Verantwortung Plastik zu vermeiden, wird vielleicht das Klima darunter leiden; denn um auf andere Art den Bedarf zu decken, müssen Bäume leider ihre Patschen strecken. So oder so - der ethische Wurm ist drin kein Wunder, dass ich ratlos bin. Man muss das erst gar nicht nur sachte andeuten, die wahren Probleme von den meisten Leuten würden nicht gleich die Welt aus ihren Angeln heben doch sie kosten Zeit wie Nerven und erschweren das Leben. Von falschen Formularen bis Ignoranz reicht der Bogen, dass es uns nicht berührt, das wäre gelogen. Laute Nachbarn, hohe Kosten, die die Daseinsfreude dämpfen, kann man mit Bits und Bytes leider nicht bekämpfen. Der Fortschritt soll den Alltag erleichtern! - Mitnichten, er taugt nur für schräge 'Er-tut-es-nicht'-Geschichten; das Lachen über die moderne Welt wird jenen schnell vergehen, die versuchen ihre Fallstricke heil zu überstehen. Kaum hat man eine Website beim Manipulieren ertappt ist woanders eine Abo-Falle lautlos zugeschnappt. Für die Lebensqualität gibt’s wieder wenig Gewinn kein Wunder, dass ich verärgert bin. Die Altersangabe steigt höher Schritt für Schritt, doch die gleichnamige Weisheit kommt dabei nicht mit. Die Wahrnehmung der Zeit beschleunigt sich ganz kolossal Die Nachsicht mit den Teenies sinkt verkehrt proportional. Früher war schon jedes Monat einen Freudenausbruch wert denn man nähert sich allem, was nicht länger mehr verwehrt: Kinofilme, Ausgehzeiten, wählen, rauchen, Auto fahren verdanken wir nur dem Zuwachs an Jahren: Jetzt blieb' temporär man gerne länger auf einem Fleck doch alles Jammern nützt nichts – die Jugend ist weg! Diverse Körperteile arbeiten nicht mehr so gut, für den Blick in den Spiegel braucht man fast etwas Mut, die Zahl laut auszusprechen, bereitet Höllenqualen; und in der Bar muss man die Drinks plötzlich selber bezahlen. Die Zeiten, wo das anders war, die sind dahin kein Wunder, dass ich so traurig bin. Demokratie ist echt schwierig, wen soll ich bloß wählen? Die Propaganda ist präsent, echte Lösungen fehlen, das Thema EU lässt so manchen verzagen, da muss man sich mit ganzen Abkommen rumplagen. Bezüglich der Beschlüsse wird von Zweifeln man gequält, weil schon lange das Vertrauen in die 'Experten' fehlt. Das Geld - meinen diese - abzuschaffen wär' gescheiter, doch das bringt den einzelnen Armen nicht weiter. Die Bank ist für's Ersparte kein sicherer Hafen, die Finanzkrise lässt uns schon lange nicht mehr schlafen. Die Notlage wird sich zum Bessern nicht verwandeln, weil nur wenige es wagen, jetzt endlich zu handeln Im Essen ist Gift drin, der Terror nimmt zu Naturkatastrophen lassen der Welt keine Ruh'. Die Nachrichten sind furchtbar, ich höre gar nicht mehr hin kein Wunder, dass ich verzweifelt bin. Wenn man am Unbill des Lebens man fast schon zerbricht, erscheint am Tunnelende manchmal ein Licht; leider keine Laterne von enormer Dimension - doch ein zaghaftes Flackern reicht oft schon. Es ist dabei nicht anders wie bei negativen Dingen ein winziger Impuls kann viel ins Rollen bringen. Musik, nette Gesellschaft und natürlich der Humor, da kommt uns die Welt gleich ein bisschen besser vor! Zum Beispiel heute Abend - die Stimmung ist ungeheuer! - einige sind da, die uns lieb und teuer! keine Krise zu dringend, kein Anfahrtsweg zu weit, das Publikum schenkt uns seine kostbare Zeit; zu uns ins ......, da wollten sie hin - kein Wunder, dass ich so glücklich bin!. |