Literarischer Adventkalender von Susanna Haunold
Beinahe ein Weihnachtsgedicht
Weihnachten ist - wie eigentlich alles - im Wandel, und angeblich nur mehr eine Maßnahme vom Handel um zwischen Halloween und dem Faschingstreiben auf seinen Produkten nicht sitzenzubleiben. Zwar kann man dieses Argument versteh'n, dieses Fest ist nichtsdestotrotz doch sehr schön. Man möchte auch eifrig ein Stück Kindheit bewahren, die Zyniker knurren: „Das kannst du dir sparen - mich macht mein Kalender sicher nicht zum Knecht - für Geschenke und fette Speisen ist mir jedes Datum recht.“ Vielleicht sollten diese Leute ein Vorurteil überwinden: etwas ist nicht gleich schlecht, nur weil viele es gut finden! Doch zwischen all dem vermeintlichen Kommerz blutet vor allem das ökologische Herz; denn Christbaum und Geschenkpapier haben nur ein kurzes Leben, das sie schon bald der MA acht-und-vierzig hingeben. Wunderkerzen sind - Schönheit hat eben ihren Preis - gesundheitsschädigend, wie man mittlerweile weiß; bei manchen Festtags-Menüs ist das ebenso der Fall, da ist das bisschen Giftig-Sein auch schon egal! Vor allem, da sie wie Kerzen, das Dezember-Grau erhellen, muss man gegen das Stimmungstief nichts im Internet bestellen. 'Wenn schon, denn schon' mag als oberste Regel gelten, denn einmal pro Jahr, das ist doch recht selten. Daher sind wir auch in den Details anspruchsvoll; in unseren Breiten wäre Schnee wirklich toll! Man möchte im Advent ja niemand hetzen, doch Frau Holle sollte schleunigst in Bewegung sich setzen . Allerdings kann man die Fakten nicht einfach wegwischen: der Klimawandel funkt uns herzlos dazwischen! Sodass mittlerweile fast jeder erkennt: 'White Christmas' ist nur mehr in Liedern präsent. Will man nicht mit Kunstschnee Aug' und Geschmack verhöhnen, sollte man sich an neue Bedingungen gewöhnen. Man könnte quasi einen Blick in die Zukunft riskieren und heuer die Yucca mit Lametta dekorieren. Das Reglement ist ohnehin nicht mehr so streng für hartgesottenen Puristen wird's langsam eng; Modeströmungen - das konnte man sich eigentlich denken - lassen sich nicht allein auf das Dekor beschränken, Zwar kann man auf den Bäumen gemäß individueller Launen fast alles von Jugendstil bis Dadaismus bestaunen. Doch die Metamorphose blieb nicht auf das Design reduziert: es wurde auch ein neuer Protagonist eingeführt. Während keineswegs alle hiesigen Bräuche wichen, hat Santa Claus sich unauffällig eingeschlichen. Er ist recht sympathisch, ein lustiger Gesell, doch Argwohn und Zweifel, die melden sich schnell: Soll man nun die eigene Mythologie neu gestalten oder zum Gaben-Monopol und dem Christkind nur halten? Man selbst macht Geschenke, weil man Verschiedenes bezweckt, von Zuneigungsbezeugung bis 'Team-building-Projekt'; weil man sich vielleicht eine Gegenleistung verspricht, das Shoppen liebt, mit der Tradition nicht gern bricht. Beinahe ein Weihnachtsgedicht Die Jugend kassiert in Windeseile diese Gaben um mehr Zeit für das 'Après-x-mas' zu haben, sie bevorzugt beim Fest einen schnelleren Ablauf, auf das Weihnachtslied-Trällern pfeift sie oft drauf. Man könnte es auch als Vorsichtsmaßnahme ansehen, um einer beliebten 'Tradition' zu entgehen, denn manche können es nicht auf die Reihe kriegen, dass nicht Engel, sondern eher die Fetzen fliegen. Sollte dieses Element das Fest auch mitgestalten wird man trotzdem an ein ungeschrieb'nes Gesetz sich halten: die Familie steht als Pflichttermin im Kalender drin - immerhin. Man kann über den Heiligabend spöttische Reden führen, doch eins lässt sich nicht hinwegargumentieren: In dieser Nacht werden öfter irgendwo auf der Welt, die Kampfhandlungen kurzfristig eingestellt. Und das mag den Kritikern am wenigsten passen, 'Frieden auf Erden' damit wahr werden zu lassen! Zwar sind nicht alle Regionen betroffen und der kurze Zeitraum lässt auch nicht wirklich hoffen. Doch um die Bedeutung dieses Geschehens zu begreifen; darf man sich nicht auf die Theologie versteifen, denn bei griechischen Philosophen stand zu lesen: die Hälfte vom Ganzen ist stets der Anfang gewesen ,,, Man muss sich gar nicht durch dicke Wälzer quälen, oder diesbezüglich historische Ereignisse aufzählen - die friedliche Koexistenz findet man auch hier buchstäblich ein paar Straßen von der eigenen Tür. Da am Christkindlmarkt auch Atheisten Pünsche schlürfen, ist die große Frage, ob sie das wohl dürfen? Denn sie haben andere Werte, nicht die Religion; doch ganz unter uns: Was bedeutet das schon? Sie plaudern, sie flanieren, sie naschen, sie lachen und haben vergessen einen Treffpunkt auszumachen, im Falle, dass sie sich aus den Augen verlieren. Sie suchen also ihre Lieben und - frieren; sie werden dabei an Allgemeingültiges nur denken: alle finden und ab zu den heißen Getränken! Bei Begleitern soll man nicht nach der Weltanschauung fragen, sondern, ob sie bei Bedarf aus der Menge herausragen! Mit diesem wertvollen Rat komme ich zum Ende; (weil ich sonst keine hübschen Schlussworte fände!) egal welcher Glaube, welche Festlichkeit - von uns allen herzlich: „Eine schöne Zeit“! |